Einleitung
Warum brauchen wir Weiterbildungsverbünde
Kinder- und jugendärztliche Versorgung und Weiterbildung wurde lange unter der Prämisse klinischer, stationärer Versorgung gedacht und durchgeführt. Ambulante Versorgung erfolgte beim „Hausarzt“ im Rahmen der allgemeinmedizinischen Tätigkeit. Heute arbeiten mehr als die Hälfte aller Fachärzt*innen der Kinder- und Jugendmedizin im ambulanten Setting, davon der überwiegende Anteil in der Grundversorgung.
In den letzten 50 Jahren hat sich eine ambulante allgemeine Pädiatrie entwickelt und etabliert, die inzwischen eine eigene Spezialität mit einem spezifischen Versorgungsauftrag und spezifischen pädiatrischen Inhalten darstellt. Prävention, Sozialpädiatrie, Begleitung chronisch kranker Kinder- und Jugendlicher von 0 bis 18 Jahren, Lotsenfunktion, Ansprechpartner*innen und Gesundheitsführsprecher*innen für die Belange der Kinder im Gesundheitssystem und im Sozialraum seien als Stichpunkte genannt und gehören neben der Vielzahl an akuten Vorstellungsanlässen zu den Aufgaben der hausärztlich tätigen Kinder- und Jugendärzt*innen.
Änderungen der Weiterbildungsordnung
Die neuen Weiterbildungsordnungen, die in den letzten Jahren in praktisch allen Ärztekammerbereichen in Kraft getreten sind, haben diese Entwicklung aufgegriffen und Inhalte der ambulanten allgemeinen Pädiatrie als verpflichtende Inhalte in die Facharztweiterbildung aufgenommen. Um diese sinnvoll zu vermitteln, braucht es Weiterbildungsabschnitte an den Orten, an denen diese Tätigkeiten durchgeführt werden – den grundversorgenden Praxen der Kinder- und Jugendmedizin.
Die kinder- und jugendärztliche Weiterbildung in Klinik und Praxis gemeinsam gestalten
Wenn es gelingen soll, die vorgesehenen Inhalte aus Klinik und Praxis ohne Reibungsverluste im Rahmen der 60-monatigen Weiterbildung qualitativ gut zu vermitteln, liegt es nahe, ein gemeinsames Weiterbildungscurriculum zu entwickeln und dabei auch überregionale Seminar- und Weiterbildungsangebote (z.B. Sonographiekurse, pädiatrische Seminarangebote der Kompetenzzentren Weiterbildung oder Akademien, Kurse der psychosomatischen Grundversorgung) mit einzubeziehen.
Gute Weiterbildung unter Berücksichtigung heutiger Lebensentwürfe von Ärztinnen und Ärzten und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf kann gelingen, wenn die anspruchsvolle und interessante Kinder- und Jugendmedizin im klinischen und ambulanten Versorgungsbereich für Weiterzubildende attraktiv gestaltet wird. Und wie könnte das besser gelingen als im Rahmen einer Verbundweiter-bildung, bei der alle genannten Aspekte zusammenwirken. Es gilt, an die Umsetzung zu gehen und in den Austausch zu kommen.
Wie gründe ich einen Weiterbildungsverbund?
Wir stellen fest: es gibt nicht DIE eine Gebrauchsanweisung für die Gründung eines Verbundes. Die Initiative kann von verschiedenen Seiten ausgehen:
- Von Ärzt*innen in Weiterbildung (ÄiW), die ein gemeinsames Weiterbildungskonzept von allen Weiterbildenden einfordern,
- von Klinikern, die feststellen, dass sie bestimmte Weiterbildungsinhalte an ihrer Weiterbildungsstätte nicht oder nicht gut vermitteln können,
- von Niedergelassenen, die ihre Fachkenntnis weitergeben wollen und die Versorgung von Kindern und Jugendlichen in ihren Sozialräumen sicherstellen möchten,
- von Weiterbildungsausschüssen der Ärztekammern, die überlegen, wie die Vermittlung der von ihnen geforderten Inhalte auch umgesetzt werden kann.
Alle Seiten müssen bereit sein ins Gespräch zu kommen, offen Argumente auszutauschen, gemeinsame Rahmenregelungen zu entwickeln. Dazu braucht es einen langen Atem, um Konzepte zu entwickeln, die für die Region, die Weiterbildungsstätten, die Beteiligten unter ganz unterschiedlichen Voraussetzungen tragfähig sind.
Diese Handreichung soll eine Starthilfe sein, damit Erfordernisse eines Weiterbildungsverbundes nicht immer wieder neu erdacht und entwickelt werden müssen, sondern auf die Erfahrungen verschiedener bereits existierender Verbünde zurückgegriffen werden kann. Dabei sollen die jeweils für den eigenen Verbund als passend erachteten Strukturen übernommen oder angepasst werden.
Diese Handreichung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, viele Aspekte der Umsetzung sind in der Erprobung. Wir freuen uns über die Rückmeldungen eigener Erfahrungen, um so Ideen und Konzepte gemeinsam weiterzuentwickeln.