Rotationen zwischen Kliniken und Praxen
Rotationsplanung
Verbundweiterbildung gelingt besonders dann gut, wenn sich für alle Parteien eine Verlässlichkeit und damit auch eine Planbarkeit entwickelt:
- Kliniken können einplanen, wann und in welchem Zeitraum wie viele ihrer ÄiW für einen Weiterbildungsabschnitt in eine oder mehrere Praxen wechseln, um entsprechend freie Stellenanteile mit zusätzlichen ÄiW besetzen zu können. Bei zeitgleicher Tätigkeit von ÄiW in Praxis und Klinik bietet sich für die Kliniken damit auch ein Vorteil, mehr „Köpfe“ in den notwendigen Schichtdiensten einsetzen zu können.
- Praxen brauchen verlässliche Absprachen, um ÄiW in den Praxisablauf einplanen zu können und bei regelhafter Weiterbildung in der Praxis auch Praxisstrukturen entsprechend anpassen zu können.
- ÄiW brauchen einen klaren Plan, um ihre Weiterbildung vernünftig zu strukturieren und Beruf und Familie aufeinander abstimmen zu können.
Dies kann am besten erreicht werden, wenn es gelingt feste Rotationen zu etablieren. Dazu wird sich eine lokale Zusammenarbeit zwischen Klinik und Praxen der Umgebung entwickeln, großräumigere Zusammenarbeit bleibt weiter möglich.
In der praktischen Umsetzung gestaltet sich das nicht so einfach. Schwierigkeiten, die berücksichtigt werden müssen, können sein:
- Permanent ändern sich Umsetzungsfaktoren in der Klinik (z.B. ÄiW setzen ihre Weiterbildung an anderem Ort fort oder Erkrankung/Schwangerschaft/Beschäftigungsverbot machen eine Weiterbildung zum geplanten Zeitpunkt unmöglich).
- ÄiW wollen den ambulanten Weiterbildungsabschnitt nicht in der dafür vorgesehenen Praxis absolvieren (dabei können Erreichbarkeit, Arbeitszeiten auch Qualität der angebotenen WB eine Rolle spielen).
- WBB/Praxis und ÄiW kommen miteinander nicht zurecht.
- Praxen haben Anfragen von „externen“ ÄiW (nicht aus der Kooperationsklinik). Neue Praxen haben Schwierigkeiten, ÄiWs zu finden, da zuerst die „Rotationspraxen“ bedient werden (müssen).
Optionen, diese Probleme zu minimieren können sein:
- Frühzeitige Planung von Weiterbildungsabschnitten.
- Kliniken entwickeln gemeinsam mit zusammenarbeitenden Praxen feste Rotationszeiten, ein Weiterbildungsrahmenplan für die gesamte Weiterbildungszeit mit internen und externen Rotationen ist hilfreich.
- Frühzeitige Kontaktaufnahme von ÄiW mit der weiterbildenden Praxis, ggf. sind Hospitationstage in der Praxis zum Kennenlernen sinnvoll.
- Frühzeitige Mitteilung der Praxen an die betreffenden Kliniken, sollten sich Gründe für ein Nichtzustandekommen der geplanten ambulanten Weiterbildung abzeichnen.
- Praxen, die als Kooperationspartner einer Klinik feste Absprachen eingegangen sind, sollten keine externen ÄiW einstellen, bevor nicht alle Umstände im Einvernehmen mit der Klinik geklärt wurden.
- Regelmäßige Austauschtreffen von Kliniken und interessierten Praxen
Für die Planung insbesondere in größeren Verbünden hat sich herausgestellt, dass Praxen in unterschiedlichem Ausmaß verbindliche Absprachen eingehen wollen oder darauf angewiesen sind.
Die Flexibilität der Praxen spielt eine große Rolle, um gut planbare Modelle zu schaffen, drei Kategorien haben sich herauskristallisiert:
- Praxen, die verbindlich zu einem festen Zeitpunkt aufnehmen, aber auch zu diesem Zeitpunkt fest eine(n) ÄiW erwarten (Praxis und Klinik verpflichten sich)
- Praxen, die verbindlich zu einem festen Zeitpunkt aufnehmen, aber bei rechtzeitiger Mitteilung auch auf ÄiW verzichten können (sie schaffen einen gewissen Spielraum und Puffer)
- Praxen, die nach Anfrage aufnehmen, sich dazu aber nicht verpflichten, umgekehrt auch keine(n) ÄiW fest erwarten.
Koordinierungsstellen für die Rotationsplanung
Je größer der Verbund, umso mehr Kliniken und Praxen teilnehmen, desto größer wird der Koordinationsaufwand. Schon bei der Planung einer großen Klinik, zahlreichen ÄiW und mehreren kooperierenden Praxen wird deutlich, dass eine gute Koordination wichtig und arbeitsintensiv ist. Erfahrungen gibt es bisher nur in kleineren Kooperationen und häufig mit einer recht überschaubaren Zahl an ÄiW. Es wird sich zeigen müssen, ob übergeordnete Koordinationsstellen (z.B. im Rahmen der KoStA auf der Ebene der Ärztekammerbereiche oder einer bundesweiten Koordinierungsstelle) für eine überregionale Planung hilfreich sein können. Erste Überlegungen dazu finden statt, stehen aber erst am Anfang.
Erfahrungen - Kooperation Kliniken und Praxen
Beispiel Weiterbildungsverbund Pädiatrie Schleswig-Holstein
- Bisher fast ausschließlich regionale Rotation mit Absprachen zwischen einer Klinik, einer Praxis und ÄiW, dabei wenig Probleme, wenn die Regelungsinhalte im Arbeitsvertrag (s.o.) beachtet wurden.
- Qualitätszirkel Weiterbildung finden regelmäßig ein bis zweimal im Jahr statt
- Im Pilotprojekt „Sektorenübergreifende Zusammenarbeit im Weiterbildungsverbund Schleswig-Holstein“ werden Erfahrungen mit fest geplanten Rotationen an zwei Kliniken (Klinik für Kinder- und Jugendmedizin Universitätsklinik Kiel Campus Lübeck und Klinik für Kinder- und Jugendmedizin Itzehoe) und jeweils 4 kooperierenden Praxen). Das Projekt (2023-26) wird aussagekräftige Erfahrungen und Ergebnisse zum Thema sammeln.
Beispiel Weiterbildungsverbund Hamburg
- Die Erfahrungen mit der Verbundweiterbildung und mit den Rotationen zwischen Kliniken und Praxen stehen am Anfang.
- Bislang kamen die ÄiW aus einer Klinik und rotierten in drei kooperierende Praxen. Die entsprechende Klinik und ÄiW bevorzugten eine Weiterbildung in Vollzeit, eine Praxis hat dieses Modell umgesetzt, und Rotationen haben stattgefunden. Andere Praxen haben ein Modell mit einem Wechsel alle zwei Wochen zwischen Klinik und Praxis und Tätigkeit jeweils in Vollzeit. vereinbart. Dieses Modell wird bisher als noch nicht zufriedenstellend bewertet, so dass auch über andere Modelle nachgedacht wird.
- Prinzipiell können verschiedene Arbeitszeitmodelle vereinbart werden und zum Einsatz kommen.
- Planungssicherheit für Kliniken und Praxen sollen feste Starttermine der Rotationen am 1.4. oder 1.10. geben. Eine Abfrage der interessierten Weiterzubildenden in den Kliniken und der Stellenangebote erfolgt 7 Monate vorher durch den Weiterbildungsbeauftragten des BVKJ Hamburg. Dieser koordiniert dann die Kontaktaufnahme zwischen Weiterzubildenden und Praxen. Mittelfristig ist eine Koordination durch die Weiterbildungsabteilung der Ärztekammer geplant.
Beispiel Weiterbildungsverbund Mittelfranken
- Die ÄiW wird für die Zeit in der Praxis von der Klinik beurlaubt mit fest vereinbarter Rückübernahme nach Ablauf der Praxiszeit. Eine Arbeitsverpflichtung gegenüber der Klinik besteht in dieser Zeit nicht. Mit der Praxis wird ein eigener Arbeitsvertrag geschlossen, der die üblichen Kriterien Vergütung, Arbeitszeit, Urlaub usw. enthält.
- In Verbund Mittelfranken trifft sich zweimal jährlich eine Steuerungsgruppe bestehend aus Mitgliedern von Klinik und Praxis, um u.a. Rotationsmodelle zu evaluieren und aktuelle Probleme zu besprechen.
- Auch hat der Verbund einen Qualitätszirkel für aktive Weiterbilder:innen in den Praxen gegründet. In einem konstituierenden Treffen wurden zentrale Themen festgelegt.