Lehrstühle der ambulanten allgemeinen Pädiatrie
Die allgemeine Pädiatrie wird derzeit in der universitären Medizin nicht ausreichend abgebildet, zu sehr dominieren die universitäre subspezielle Versorgung und mithin die entsprechenden Fallvorstellungen. Allgemeine Pädiatrie erfolgt im Wesentlichen und am umfassendsten in der pädiatrischen Grundversorgung. Infolge der verbesserten diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten, aber auch aufgrund einer Neufestlegung des Versorgungsauftrages hat sich die allgemeinpädiatrische Grundversorgung zu einem eigenständigen Fach entwickelt.
Die Versorgungsstudie der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin (s.o.) hat wesentlich dazu beigetragen, das Versorgungsgeschehen in den pädiatrischen Praxen anhand der Beratungsanlässe, den dazugehörigen Diagnosen und der ärztlich aufgewendeten Zeit darzustellen. Die pädiatrische Grundversorgung ist ein klar abgrenzbares Fach mit definiertem Versorgungsauftrag, klarem Diagnosenprofil, klarer Beschreibung der ärztlichen Kompetenzen sowie der grundsätzlichen Organisationsstruktur einer Praxis.
Schon ab Beginn des neuen Millenniums forderten Kinder- und Jugendärzt*innen, eine Akademisierung des Faches. Um den Bogen zur universitären Medizin zu spannen und die akademische Fortentwicklung nicht nur in der stationären, sondern auch ambulanten Krankenversorgung sowie in der klinischen Forschung und ambulanten Versorgungsforschung und der entsprechenden Lehre zukünftig zu sichern, sollte die ambulante pädiatrische Grundversorgung eine neu ausgeschriebene Professur für Lehr- und Versorgungsforschung erhalten. Da die die ambulante pädiatrische Grundversorgung ein groß dimensioniertes Fach ist mit unterschiedlichen Aufgaben und thematischen Aspekten, sollte auch die entsprechende Versorgungsforschung in ihrer thematischen und organisatorisch/strukturellen Ausstattung nicht zu gering dimensioniert werden.
Ziel ist es, Kollegen mit Public Health Erfahrung und Kenntnissen in der Lehrforschung zu rekrutieren, um Themen wie Prävention, Entwicklung, Sozialpädiatrie, Vorsorge und Früherkennung durch den Lehrstuhl zu beforschen.
- Wichtig ist die Darstellung der Versorgung in der Allgemeinpädiatrie, der klinischen Versorgungsforschung sowie die Aus- und Weiterbildung auf der Grundlage des Masterplans 2020.
- Auch die Erstellung eines Transitionsmodells, zur Sicherstellung der Versorgung von chronisch kranken Patienten jenseits des achtzehnten Lebensjahrs sollte im Fokus des Lehrstuhls sein.
- Das sozialpädiatrische Engagement, sollte sich mit der normalen, sowie der gestörten Entwicklung befassen, vor allem in Bezug auf vulnerabele Gruppen. Ein sozialpädiatrischer Schwerpunkt von Forschung und Lehre soll sein, die spezifischen Hemmnissen der gestörten frühkindlichen Entwicklung von Kindern aus sozioökonomisch benachteiligten Familien zu erforschen und wirklichkeitsnahe Präventions- und Fördermodelle zu entwickeln. Weitere Aufgaben wären, auf welche Weise sich Armut und Bildungsferne der betroffenen Familien auf die frühkindliche Entwicklungsanregung auswirken, die wiederum notwendig ist, die angeborenen kindlichen Anlagen für die funktioneller Grundfähigkeiten wie Sprachentwicklung, kognitive/intellektuelle Entwicklung und Sozialverhalten zu entfalten. Dabei werden Modelle für eine effektive transsektorale Kooperation mit außermedizinischen Hilfe- und Unterstützungsstrukturen im Sozialraum entwickelt.
- Andere Schwerpunkte sind zum Beispiel die rationale Antibiotikatherapie in der ambulanten Pädiatrie und die Versorgung chronisch Kranker: Neurodermitis, Asthma bronchiale (DMP), stadienadaptierte Diabetesbetreuung, Adipositas.
- Die primärmedizinische Versorgung im Sinne des Masterplans 2020 soll umgesetzt werden, unter Einbezug der in der Praxis niedergelassenen Kinder- und Jugendärzte in die Grundversorgung.
- Auf Erhalt der pädiatrischen Besonderheiten (u.a. Bedeutung der seltenen Erkrankungen für die Pädiatrie) ist besonderer Wert zu legen.
Unserer Vorstellung gemäß sollten die oben genannten Aufgaben sinnvoll in der klinischen Versorgung integriert werden. Dabei sollte eine enge Zusammenarbeit mit Fachärzten der Allgemeinmedizin angestrebt werden. Die Besetzung des Lehrstuhls kann und soll durchaus neben der Praxis erfolgen.
Weitere Aufgabe für den Lehrstuhl
- Vorbereitung für den Übertritt in die Praxis: Wirtschaftliche Praxisführung (einschl. Abrechnung, Personalführung, Coaching, Arbeitsrecht)
- Zukunftssicherung der pädiatrischen Grundversorgung durch erweiterte Anschlussstellen: „interprofessionelle Pädiatrie“
- Einbezug nicht-ärztlicher Fachkräfte wie medizinische Fachangestellte und nicht-ärztliche Praxisassistenten
- Anschlussstellen ins Bildungs- und Jugendhilfesystem.
- Kooperation mit der Allgemeinmedizin (Definition von Schnittstellen, gemeinschaftliche Versorgung)